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Tödliche Rückwärtsfahrt: Busfahrerin wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

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An der Bushaltestelle am Sauerfeld ereignete sich im Januar 2023 ein tragisches Unglück. Bei einer Rückwärtsfahrt erwischte ein Bus einen Senior. Der Mann starb.
An der Bushaltestelle am Sauerfeld ereignete sich im Januar 2023 ein tragisches Unglück. Bei einer Rückwärtsfahrt erwischte ein Bus einen Senior. Der Mann starb. © Cedric Nougrigat

Ein 84-Jähriger Mann wurde im Januar 2023 von einem rückwärtsfahrenden Bus überrollt. Nun muss sich die Fahrerin im Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Lüdenscheid – Tödlich verletzt wurde ein 84-jähriger Mann am 14. Januar 2023, als ein Linienbus der Märkischen Verkehrsgesellschaft (MVG) an der Bushaltestelle Sauerfeld zurücksetzte. Der Senior wurde unter dem Heck des Busses eingeklemmt. Er erlitt schwere Verletzungen des Brustkorbes und starb kurz danach im Klinikum. Die 43-jährige Busfahrerin musste sich nun wegen fahrlässiger Tötung im Amtsgericht Lüdenscheid verantworten.

„Ich möchte nur sagen, dass mir das natürlich sehr leid tut”, erklärte sie nach der Verlesung der Anklage. Aufgrund einer schwierigen Parksituation habe sie sich an jenem Samstagmorgen „entschieden, vorsichtig rückwärts zu fahren”. „Es ist ein seltener Fall, dass ein Bus rückwärts fährt.” Zwei Sicherungsmaßnahmen sollen verhindern, dass dabei jemand zu Schaden kommt. Die Rückfahrkamera war jedoch verschmutzt. „Kein Mensch war da zu sehen.”

Tödliche Rückwärtsfahrt: Busfahrerin wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

Eine Anweisung der MVG, dass ihre Busfahrer nur mit einem „Einweiser” rückwärts fahren sollen, sei im normalen Betrieb nicht praktikabel, erklärte die 43-Jährige: „Sonst warten wir stundenlang, bis ein Einweiser kommt.” „Kann man da nicht einen Kollegen fragen?”, fragte Oberstaatsanwalt Bernd Haldorn nach. „Heute würde ich sagen: ‘Ja!’“, antwortete die Angeklagte und fügte hinzu: „Ich habe beschlossen, dass ich nie wieder rückwärts fahre.”

Wann die schwer angeschlagene 43-Jährige sich wieder hinter das Steuer eines Busses setzen wird, ist offen. Sie ist immer noch berufsunfähig und befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung. „Ich bin bis heute nicht mehr gefahren.”

Auf das Unglück machte sie an jenem Samstagmorgen der Kollege aus einem hinter ihr stehenden Bus aufmerksam. Gemeinsam beschlossen die Busfahrer, dass sie ganz vorsichtig nach vorne fahren sollte, um den Körper des Verunglückten freizugeben. Ob er möglicherweise erst bei diesem Manöver tödlich verletzt wurde, blieb letztlich offen.

Es wurde als mögliche Tragik des Falls gehandelt, dass er seine tödlichen Verletzungen erst bei dem Rettungsversuch erlitten haben könnte.

Tödliche Rückwärtsfahrt: Busfahrerin wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

Die Angeklagte stellte die Frage, die im Amtsgericht beantwortet werden sollte: „Wie konnte das überhaupt passieren?” Sie war ratlos: „Ich konnte das überhaupt nicht verstehen, wie ein Mensch unter meinen Bus geraten konnte.” Ein Zeuge wollte bei der Vorbeifahrt vom Auto aus beobachtet haben, dass der Senior am Straßenrand gestolpert und auf die Straße gefallen war, bevor ihn der Bus überfuhr.

Dem widersprach eine Polizeibeamtin mit dem Auswertungsbericht von Kameraaufzeichnungen. Diese zeigten eine „Kollision mit der hinteren linken Ecke des Busses”, die den 84-Jährigen zu Boden stürzen ließ. Die Zeugin bestätigte, dass die Rückfahrkamera „stark verdreckt” gewesen sei. Den Senior habe man aufgrund seiner hellen Oberbekleidung als hellen Fleck letztlich „nur erahnen” können.

Letztlich blieben einige Punkte, an denen der Angeklagten ein gewisses Verschulden zuzurechnen war: Die Fahrt mit der verdreckten Rückfahrkamera und der Verzicht auf einen Einweiser bei einem schwierigen Fahrmanöver.

Die Prozessbeteiligten verständigten sich aber darüber, dass das Strafverfahren nicht mit einem förmlichen Urteil zu Ende gehen müsse. Für die endgültige Einstellung der Strafverfolgung muss die Angeklagte eine Geldauflage von 1500 Euro an die Verkehrswacht zahlen.

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